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Stolpersteine erinnern ab 22. April 2014 an Naziverbrechen

Lünen. Die ehemaligen Mitglieder des Lüner Rates Heinrich Bußmann, Eduard Petrat und Auguste Schnakenbrock ließen „Für Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit ihr Leben“. Anlass für die drei SPD Ortsvereine Lünen Beckinghausen, Horstmar und Osterfeld den Widerstand gegen den Nationalsozialismus der drei ehemaligen SPD-Mitglieder besonders zu würdigen. Im Rahmen eines europäischen Kunstprojektes werden deshalb am Dienstag nach Ostern, am 22. April, ab 10:30 Uhr, in Lünen-Osterfeld, Horstmarer Straße 28 und 30 und anschließend Im Wiesengrund 13, durch den in Berlin geborenen Kölner Künstler Gunter Demnig (66) Betonsteine mit drei Tafeln aus Messing, sogenannte „Stolpersteine“ im Bürgersteig vor den ehemaligen Wohnhäusern der Ermordeten verlegt. Nach der Begrüßung durch den SPD-Stadtverbandsvorsitzenden und Bundestagsabgeordneten Michael Thews hält NRW-Minister für Arbeit, Integration und Soziales Guntram Schneider eine Gedenkrede. Musikalisch und textlich begleitet wird die Aktion vom ehemaligen Leiter der Heinrich-Bussmann Schule, Jürgen Ortlepp.
Bereits über 45.000 dieser Stolpersteine erinnern in siebzehn Ländern in über 1000 Orte Europas unter anderem an die im Nationalsozialismus verfolgten Menschen. Damit ist es weltweit das größte, dezentrale Mahnmal. Teile davon sind demnächst auch in Lünen vor der Horstmarer Straße 28 und 30 zu sehen. Hier waren Eduard Petra und Auguste Schnakenbrock Nachbarn und Bewohner eines Doppelhauses. In Nr. 28 wohnt heute noch der Enkel von Petrat – Horst Kruber. Vor „Im Wiesengrund 13“ wird an Heinrich Bußmann erinnert. Hier wohnt heute noch der Sohn, Willi Bußmann.

Die Ratsherren Martin Weinberg, Martin Püschel und Detlef Seiler halten die mehr als 50 Jahre alte Ehrentafel der SPD auf der auf die drei Opfer des Naziregimes hingewiesen wird.

Die Ratsherren Martin Weinberg, Martin Püschel und Detlef Seiler halten die mehr als 50 Jahre alte Ehrentafel

der SPD auf der auf die drei Opfer des Naziregimes hingewiesen wird.

Zusatzinformationen:
Heinrich Bußmann (* 6. Januar 1896 in Lünen; † 18. August 1942 im KZ Dachau) war ein Widerstandskämpfer gegen die Nationalsozialisten. Nach einer Ausbildung zum Bergmann arbeitete er auf der Zeche Victoria in Lünen, zwischenzeitlich auch untertage auf der Zeche Waltrop. Mit 18 Jahren trat er der SPD in Lünen bei und wurde 1923 in den Rat der Stadt gewählt. Nach kurzer Arbeitslosigkeit 1928 arbeitete er als Bauarbeiter, er wurde Ende 1932 allerdings wieder arbeitslos. Während seiner Zeit als Stadtverordneten-Vorsteher stellte er sich gegen die Nationalsozialisten. 1933 kam er im Lüner Polizeigefängnis in Schutzhaft. Seit dem 13.3.1936 bis zu seiner Ermordung begann für in ein großer Leidensweg. Er kam in die Steinwache nach Dortmund, anschließend über das Gerichtsgefängnis Dortmund, die Strafanstalt in Herford, das Strafgefangenenlager Aschendorfer Moor wieder in die Dortmunder Steinwache. Übergangslos wurde er in verschiedene Konzentrationslagern wie, Buchenwald, Ravensbrück und Dachau inhaftiert. Hier wurde er am 18. August 1942 erschlagen. Wie meistens üblich, wurde den Angehörigen ein anderes Todesdatum und ein anderer Todesgrund genannt. In diesem Fall sollte der offizielle Todestag der 20. August 1942 gewesen sein. Angebliche Todesursache: Versagen von Herz und Kreislauf bei Darmkatarrh. 1992 gab Neffe Prof. Dr. Ludwig Bußmann ein 167-seitiges Buch über „Sein Leben und Wirken“ heraus. Seit 1996 verleiht die Lüner SPD jährlich den Heinrich-Bußmann-Preis an verdiente Persönlichkeiten. In der Lüner Jubiläumsbroschüre 150 Jahre SPD aus 2013 befindet sich ein mehrseitiges Zeitzeugeninterview mit seinem Sohn Willi Bußmann von Thilo Scholle. In Lünen wurde nach Heinrich-Bußmann eine Hauptschule benannt.

Eduard Petrat (*1882 Groß-Jodupönen/Ostpreußen, +1945 Bergen-Belsen oder Neuengamme, ermordet), Kommunalpolitiker.
Petrat gehörte seit 1903 zu den Mitgliedern und Funktionären der SPD. Er war seit 1904
gewerkschaftlich tätig und von 1923 bis 1933 Stadtverordneter in Lünen. Zuletzt war er Mitglied des Magistrats, des Sparkassenvorstandes und der Kommission für die Revision der Schulgebäude. 1933 wurde er wegen seiner Einstellung gegen den Nationalsozialismus in „Schutzhaft“ genommen und für einen Monat in das Polizei-und Gerichtsgefängnis Lünen eingeliefert. Nach seiner Entlassung musste er sich täglich bei der Polizei melden, zuletzt einmal wöchentlich. 1936/37 nahm er auf polizeiliche Anordnung an einem politische
n Umschulungskurs teil. Wegen seiner „politischen Unzuverlässigkeit“ war er von 1933 bis 1938 arbeitslos. Im August 1944 wurde Petrat wegen seiner politischen Einstellung erneut verhaftet und in das Gerichtsgefängnis Lünen gebracht. Im September überführte man ihn in das Konzentrationslager Sachsenhausen. Anfang Februar 1945 brachte man ihn in das
Konzentrationslager Bergen-Belsen, seitdem gilt er als verschollen; vermutlich ist er nach
Neuengamme transportiert worden. 1948 wurde Petrat für tot erklärt, als Zeitpunkt des Todes der 8. Mai 1945. In Lünen wurde nach ihm eine Straße benannt.

Auguste Schnakenbrock (*1889 Langenberg/Kreis Mettmann, +1945 KZ Ravensbrück), Lehrerin, Kommunalpolitikerin.
Schnakenbrock trat 1907 in das staatliche Lehrerseminar in Barmen/Wuppertal ein und machte hier 1909 ihre Prüfung als Volksschullehrerin. Für ein Jahr war sie in ihrem Heimatort beschäftigt, seit 1910 in Rotthausen/Gelsenkirchen. 1924 wurde sie nach Lünen versetzt, wo sie 1929 zur Konrektorin der Viktoriaschule ernannt wurde. Schnakenbrock gehörte der Lehrergewerkschaft und als SPD-Mitglied seit 1927 der Stadtverordnetenversammlung a
n. Ende März 1933 legte sie ihr Mandat nieder. Wenig später wurde sie auf der Grundlage des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums aus dem Schuldienst entlassen. Im August 1944 verhaftete man sie und brachte sie in das Polizeigefängnis Hörde, von dort in das Konzentrationslager Ravensbrück. Hier wurde sie nach aktueller Recherche am 2. Januar 1945 ermordet. In Lünen wurde nach ihr eine Straße benannt.